Ein alter Gefährte des Propheten Muchammad wird ausgenutzt

Schon zu 'Umars Zeit war Mu'awi Gouverneur von Syrien. Er war ein sehr kluger und geschickter Herrscher und jeder Lage gewachsen. Die sabaitischen Agenten hatten daher in Syrien keinen Erfolg. Abu Darr Al-Dschifaii, ein wohlbekannter Gefährte des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, lebte in Syrien. Er hielt sich stets fern von weltlichen Dingen und Geldgeschäften. Nach seiner Meinung sollten die öffentlichen Gelder bei Eingang sogleich an die Armen verteilt werden. Er war gegen das Horten von Geld in der Staatskasse.

"Staatsgeld ist Volksgeld", sagte er, "und sollte jeweils sofort verteilt werden."

Mu'awi war jedoch anderer Meinung: Er hielt es für richtig, dass die öffentlichen Einkünfte für Notfälle in der Zukunft zurückgelegt werden sollten. Er nannte das Staatsgeld "Allahs Geld", und er meinte damit, dass der Amirul Mu'minin berechtigt sei, das Geld so zu verwenden, wie er es im Interesse der Muslime für notwendig hielt. Abu Darr dachte anders. ibn Saba'  versuchte, aus der Meinungsverschiedenheit zwischen dem Gouverneur und dem ehrwürdigen Sahaba des  Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm,  seinen Vorteil zu ziehen. Er ging zu Abu Darr und sagte:

"Es ist seltsam, dass Mu'awi Staatsgeld als "Allahs Geld" bezeichnet. Er meint damit, dass das Volk nichts über die Verwendung öffentlicher Gelder zu sagen habe." Abu Darr ging ibn Saba' leicht in die Falle. Er suchte sogleich Mu'awi auf und sagte:

"Was meinst du damit, dass du die öffentlichen Gelder als "Allahs Geld" bezeichnest?"

"Lieber Abu Darr", entgegnete Mu'awi freundlich, "wir alle sind Allahs Diener. Daher ist all unser Geld, Allahs Geld! "

Diese Antwort stellte Abu Darr aber nicht zufrieden.

"Nun gut", sagte Mu'awi, "in Zukunft will ich dieses Geld "öffentliches Geld" nennen."

Abu Darr ging noch auf einen anderen Punkt ein: Er mahnte, dass die Reichen kein Recht hätten, Reichtum anzusammeln. Alles, was ihre notwendigen Bedürfnisse übersteige, sagte er, sollte an die Armen gegeben werden. Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, zitierte er die folgenden Ajachs des Qur'an (9:34):

"Und jenen, die Gold und Silber horten und es nicht für Allahs Weg verwenden - ihnen verheiße schmerzliche Strafe."

An dem Tage, wo es (Gold und Silber) im Feuer der Dschahannam glühend gemacht wird und ihre Stirnen und ihre Seiten und ihre Rücken damit gebrandmarkt werden  (wird ihnen gesagt): "Dies ist, was ihr für euch selbst gehortet habt; kostet nun, was ihr zu horten pflegtet."

Auch hier unterschieden sich Mu'awi und Abu Darr. Mu'awi war der Meinung, dass ein Mann, der 2,5 % Sakach bezahlt habe, sein übriges Geld für sich verwenden könne, Abu Darrs Standpunkt machte großen Eindruck auf die Massen; denn der überwiegende Teil des Volkes war arm, und es wollte an den Segnungen des Reichtums teilhaben. So gewann Abu Darrs Bewegung schnell an Boden.

Mu'awi schrieb darüber an 'Usmaan. 'Usmaan schrieb zurück, dass Abu Darr nach Medina geschickt werden solle mit allen Ehren, die man ihm schulde. In Medina rief Abu Darr die gleiche Bewegung ins Leben. 'Usmaan ließ ihn zu sich kommen und sagte: "Lieber Abu Darr! Ich werde das Volk zwingen, alles zu zahlen, was es Allah und Seinem Gesandten , Allahs Segen und Friede auf ihm, schuldet. Als Gegenleistung will ich die Rechte, die das Volk mir gegenüber hat, garantieren. Aber ich kann niemanden zwingen, die Welt aufzugeben." "Gut, dann schicke mich weg von Medina", sagte Abu Darr. "Der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm,  sagte mir, dass ich Medina verlassen solle, wenn es sich zu einer weltlichen Stadt entwickelt."

'Usmaan sandte nun Abu Darr in ein kleines Dorf fern von Medina. Er gab ihm einige Kamele mit und auch zwei Diener, die für ihn sorgen sollten.

 

Quellen der Unzufriedenheit

'Abdullah ibn Saba' und seine Anhänger taten alles, was sie konnten, um die Unzufriedenheit über 'Usmaan (r) zu schüren. Andererseits trifft es jedoch zu, dass sich unter 'Usmaan manches verschlechtert hatte. Als 'Usmaan (r) Amirul Mu'minin wurde, funktionierte das Staatswesen reibungslos; in den folgenden

Jahren schlichen sich aber allmählich störende Faktoren ein. 'Umar hatte seinen Offizieren nicht erlaubt, Eigentum außerhalb ihres Geburtsortes zu erwerben. Einer seiner Gouverneure bat einmal um die Erlaubnis, ein Haus in einer Provinzhauptstadt bauen zu dürfen.
"Nein", erwiderte 'Umar, "du hast ein eigenes Haus in Medina, du brauchst kein weiteres Haus, solange du dieses hast."

Mit dieser Politik hielt 'Umar die führenden Familien des Islam in der Hauptstadt. 'Usmaan wich von dieser Politik ab und erlaubte dem Volk, sich niederzulassen und Eigentum zu erwerben, wo es wollte.

Das Ergebnis war, dass die führenden Familien der Quraisch sich auf verschiedene Städte verteilten und dort mächtig wurden, Dies führte dazu, dass sich eine einflussreiche Oberschicht bildete, und jede Familie versuchte, die andere zu übertrumpfen.

Die Banu Umayja und die Banu Haschim waren alte Rivalen. Die beiden ersten Amirul Mu'minins Abu Bakr und 'Umar gehörten keinem dieser beiden Stämme an.

Aber 'Usmaan gehörte zu den Banu Umayja und gab seinen Verwandten hohe Staatsämter, was die Angehörigen der Banu Haschim und ihre Anhänger kränkte. In späteren Jahren geriet 'Usmaan zu sehr in die Abhängigkeit eines seiner Verwandten, Marwan, einem sehr schlauen Mann, der beim Volk jedoch unbeliebt war.

Während 'Usmaans Staat kam die Erweiterung des islamischen Reiches fast zum Stillstand. Männer, die vorher durch Kriege ganz in Anspruch genommen waren, begannen nun, sich für Politik zu interessieren.

Kufa, Basra, Ägypten und Syrien waren wichtige Militärbasen. Diese Stützpunkte waren meist in den Händen von Männern, die nicht mit dem Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, zusammengelebt hatten. Das Prinzip der Gleichheit im Islam war ihnen etwas Unbekanntes. Sobald 'Umars starke Hand nicht mehr war, verfielen diese Offiziere in die alte Art, mit dem Volk umzugehen: Sie wollten eher die Herren als die Diener des Volkes sein, und sie trachteten danach, denselben Komfort und Luxus zu haben wie die alten persischen und byzantinischen Herrscher.
Dadurch entstand eine Kluft zwischen Herrschenden und Beherrschten. Der freie Geist des Islam wurde zurückgedrängt. Das Volk, das früher Gleichheit kannte, war natürlich erbittert. Und der einfache Mann, der sie in vollem Ausmaß unter 'Umars Herrschaft kennen gelernt hatte, 'Usmaan die ganze Schuld.

 

Konferenz in Madina

In allen Teilen des Reiches wuchsen Unzufriedenheit und Unruhe. Auch in Medina spürte man ihre Auswirkung. Alle führenden Sahaba drängten deshalb 'Usmaan, etwas dagegen zu tun. 'Usmaan willigte ein, und er schrieb an alle Gouverneure, ihn während des Hadsch im Jahre 34 n.H. aufzusuchen.

'Usmaan und die Gouverneure trafen sich zu einer Konferenz.

"Was ist der wahre Grund der Unruhe?" fragte 'Usmaan.

"Es ist das Werk der Aufrührer", antworteten sie. "Sie bewerfen dich und deine Mitarbeiter mit Schmutz. Sie wollen die Regierung stürzen."

"Wie kann man dem Einhalt gebieten?" fragte 'Usmaan.
Verschiedene Vorschläge wurden gemacht. In einem waren sie sich jedoch alle einig: Sie sagten, dass 'Usmaan eine unnachgiebige Haltung gegenüber den  Unruhestiftern einnehmen müsse. 'Usmaan stimmte dem nicht zu. In einer ergreifenden Rede sagte er zu den Gouverneuren:
"Ich habe eure Meinungen gehört. Ich fürchte, es ist die vom Gesandten Allahs , Allahs Segen und Friede auf ihm, vorausgesagte böse Zeit. Wenn es so ist, will ich alles tun, was in meiner Macht steht, um sie mit Güte und Vergebung hinauszuzögern. Ich will mit meinen Taten beweisen, dass ich nicht versäumt habe, Gutes für das Volk zu tun. Wenn ich morgen vor Allah trete, darf kein Tadel an mir haften. Ich bin sicher, dass die böse Zeit kommen wird. Aber verflucht soll 'Usmaan sein, wenn er sein Leben beendet und dazu beigetragen hat, dieses Unglück näher zubringen." Die Konferenz ging zu Ende, und 'Usmaan erlaubte den Gouverneuren, sich zu verabschieden. Mu'awiy sagte: "Amirul Mu'minin! Ich glaube nicht, dass du in Medina sicher leben kannst. Du solltest besser mit mir nach Syrien kommen."

"Selbst wenn man mir den Kopf abschlägt", antwortete 'Usmaan, "will ich Medina nicht verlassen. Um keinen Preis werde ich mich aus der Umgebung des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, entfernen.
"Dann erlaube mir, einige Truppen aus Syrien zu deinem Schutz zu schicken", sagte Mu'awi.

"Nein", war die Antwort, "ich will nicht, dass Menschen, die in der Nähe des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, wohnen, meinetwegen in Schwierigkeiten geraten."
Dann sandte 'Usmaan vier Männer, die ihm über die Lage berichten sollten, auf eine Rundreise durch die Provinzen. Drei von ihnen meldeten, dass die Verhältnisse normal seien. 'Ammar ibn Jasir aber, der nach Ägypten ausgesandt worden war, kam nicht zurück, und der Gouverneur von Ägypten setzte 'Usmaan davon in Kenntnis, dass 'Ammar zu den Sabaiten übergelaufen sei.

 

Die Lage spitzt sich zu

Die Feinde des 'Usmaans planten einen allgemeinen Aufstand während der Zeit, in der die Gouverneure zur Konferenz in Medina weilten. Aber das Komplott konnte nicht ausgeführt werden. Die Aufrührer von Kufa jedoch erlaubten ihrem Gouverneur nicht, die Stadt zu betreten, als er von der Konferenz zurückkam. Sie wollten Abu Musa Al-As'arii als Gouverneur haben. 'Usmaan entsprach ihrer Forderung und ernannte Abu Musa zum Gouverneur von Kufa.

Die Aufrührer ersannen nun einen anderen Plan. Ihre Rädelsführer von jeder Provinz beschlossen, sich in Medina zu treffen. Sie wollten die Verhältnisse in der Hauptstadt erkunden, um danach ihr weiteres Vorgehen zu bestimmen.

Also trafen sich die Rädelsführer aller Provinzen außerhalb von Medina. 'Usmaan erfuhr davon und sandte zwei Männer ihres Vertrauens zu ihnen. Die Männer kamen mit einer alarmierenden Nachricht zurück. Sie sagten, dass die Rädelsführer auf Unheil versessen seien. Sie beabsichtigten, zurückzukehren und den Leuten zu sagen, dass 'Usmaan sich geweigert habe, ihre Beschwerden anzuhören. Im folgenden Jahr wollten sie dann an der Spitze einer großen Menschenmenge nach Medina ziehen, um 'Usmaan zu töten. 'Usmaan hörte die Nachricht ruhig an, unternahm aber nichts.

Dann kamen die Rädelsführer nach Medina. 'Usmaan war über ihre Pläne unterrichtet. Einige Leute waren der Meinung, dass sie alle getötet werden sollten; denn sie glaubten, das würde die Quelle des Übels zum Versiegen bringen. Aber 'Usmaan entgegnete:

"Ich kann niemanden ohne ausreichende rechtliche Grundlage töten. Diese Leute leben mit verschiedenen Missverständnissen. Ich will versuchen, sie aufzuklären. Ich will sie mit Güte und Vergebung auf den richtigen Weg bringen. Wenn diese Mittel versagen, dann will ich mich Allahs Willen fügen."

 

'Usmaan weist die Anschuldigungen gegen ihn zurück

'Usmaan rief alle führenden Männer von Medina ebenso wie die Rädelsführer, die aus den Provinzen gekommen waren, zusammen und richtete folgende Worte an sie: "Man sagt, ich hätte einige Viehweiden für die allgemeine Benutzung vorbehalten. Bei Allah, ich habe keine Weide zurückgehalten, die nicht vor mir schon zur allgemeinen Nutzung freigegeben war. Auf diesen Weiden grasen die Tiere, die Staatseigentum sind.

Mehr noch: diese Weiden stehen jedermann zur Verfügung. Nur diejenigen sind von der Benutzung ausgeschlossen, die durch Bestechung mehr erlangen wollten, als ihnen zusteht. Was mich betrifft, habe ich nicht mehr als zwei Kamele, die mir zur Zeit des Hadsch dienen. Ihr alle wisst, dass zu der Zeit, bevor ich Amirul Mu'minin wurde, niemand in Arabien mehr Tiere besaß als ich.

Ich habe beglaubigte Abschriften des Qur'an in alle Teile des Reiches gesandt. Nun gibt es Leute, die mir das zum Vorwurf machen. Ihr alle wisst, dass der Qur'an ein von Allah offenbartes einziges Buch ist.

Die Sahaba, die dieses Buch unter den Augen des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, niedergeschrieben haben, leben noch. Sie sind es, die die Abschriften, die ich überall hingeschickt habe, zusammengetragen haben.
Man sagt, ich hätte junge Männer zu Offizieren ernannt. Tatsache ist, dass nicht das Alter, sondern die Fähigkeit und der Charakter meine Wahl bestimmt haben. Die hier anwesenden Männer aus den Provinzen können die Tüchtigkeit und Ehrenhaftigkeit meiner Offiziere nicht leugnen. Wegen seiner Jugend allein kann niemandem die Fähigkeit für ein Amt abgesprochen werden. Der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, gab 'Usmaan den Oberbefehl über eine Armee, obwohl dieser jünger war als alle Männer, die ich ernannt habe.

Es wird behauptet, ich hätte dem Gouverneur von Ägypten die ganze Beute von Nordafrika als Belohnung gelassen. In Wirklichkeit erhielt er nur ein Fünftel des fünften Teiles dessen, was dem Staat zustand. Bereits vor meiner Zeit als Amirul Mu'minin gab es Beispiele solcher Belohnungen, Als ich jedoch erfuhr, dass das Volk dagegen war, nahm ich das Geld vom Gouverneur zurück.

Man wirft mir vor, dass ich meine Verwandten liebe und sie belohne. Es ist keine Sünde, seine Verwandten zu lieben. Aber diese Liebe hat mich niemals zu Ungerechtigkeiten gegenüber anderen Menschen verleitet. Was die Belohnungen anbelangt, habe ich keinem Verwandten etwas aus der Staatskasse gegeben, es sei denn, er hat einen Anspruch darauf gehabt. Ich beschenke sehr wohl meine Verwandten, jedoch nur aus meiner eigenen Tasche. Ich machte ihnen

Geschenke, ehe ich Amirul Mu'minin wurde. Jetzt, da ich alt bin und nicht mehr lange leben werde, will ich nichts für mich zurückbehalten. Ebenso wenig wie ich für mich selbst etwas aus der Staatskasse nehme, tue ich es für meine Verwandten. Die Einkünfte jeder Provinz kommen ausschließlich dem Volk dieser Provinz zugute. In den Staatsschatz von Medina kommt nur der fünfte Teil der Beute. Dieses Geld wird vom Volk selbst in Notzeiten verbraucht.

Man sagt, ich hätte Land an meine Freunde verschenkt. Das ist nicht wahr. Viele Leute aus Medina begleiteten die kämpfenden Truppen. Einige von ihnen ließen sich in den eroberten Ländern nieder, wo sie Land erwarben. Später kamen einige von ihnen nach Medina zurück. Das einzige, was ich getan habe, ist, dass ich in verschiedenen Teilen des Reiches ihr Land verkauft und ihnen den Erlös erstattet habe." 'Usmaan fragte seine Zuhörer, ob seine Angaben wahr seien. Alle bestätigten es. Jedem Anwesenden wurde klar, dass alles, was 'Usmaan zur Last gelegt wurde, falsch war. Aber niemand hatte eine Idee, wie man 'Usmaan in den Augen des Volkes von dem falschen Verdacht befreien könnte.

 

Der Marsch der Aufrührer nach Madina

Die Rädelsführer kehrten in ihre Provinzen zurück. Sie sagten den Leuten, dass 'Usmaan nicht bereit sei, die "Missstände" abzustellen. Sie warteten den nächsten Hadsch ab, und als die Zeit des Hadsch näherrückte, entschlossen sie sich, starke Gruppen von Basra, Kufa und Ägypten auszusenden, scheinbar zur Pilgerfahrt. Von Mekka sollten diese Gruppen dann nach Medina marschieren und die Sache mit dem Schwelt entscheiden.

'Usmaan hatte von diesem Komplott der Aufrührer lange zuvor Kenntnis erhalten. Aber er wollte keine Gewalt gegen seine Feinde anwenden. Er war entschlossen, sie mit Liebe zu gewinnen oder bei diesem Versuch umzukommen.
Im Monat Schawwal des Jahres 35 n.H. brachen die Aufrührer von Basra, Kufa und Ägypten auf, und zwar in kleinen Gruppen. Von jeder Provinz waren es etwa 1000 Mann. Sie marschierten nach Medina und lagerten einige Kilometer vor der Stadt an drei verschiedenen Plätzen. Einige Ägypter kamen zu 'Allii und forderten ihn auf, ihr Anführer zu sein. Er lehnte dies jedoch ab. Einige Männer von Basra gingen zu Talha mit der gleichen Aufforderung und erhielten dieselbe Antwort. Die Aufrührer von Kufa stellten das gleiche Ansinnen an As-Subair. Aber auch er weigerte sich, an ihren schändlichen Plänen teilzunehmen.

 

'Allii schickt die Aufrührer weg

Als 'Usmaan erfuhr, was die Aufrührer vorhatten, ging er zu 'Allii und bat ihn, seinen Einfluss auf die Unheilstifter geltend zu machen und sie wegzuschicken.

"Sagte ich dir nicht schon so oft", sagte 'Allii, "du solltest dich nicht von deinen Verwandten führen lassen?"

Aber du hast auf Marwan, Mu'awi, ibn 'Amr, ibn Abu Sara und Sa'id ibn Al-'As gehört. Wie kann ich nun diese Leute zurückschicken?"

'Usmaan versicherte 'Allii, dass er sich in Zukunft von seinem Rat leiten lassen werde und nicht mehr auf seine Verwandten hören wolle.

"Es wäre besser, wenn du das öffentlich in der Moschee bekannt gäbest", sagte 'Allii. "Dadurch würde jedermann erfahren, dass sich die Politik ändert. Die Aufrührer würden dann keine Ausrede mehr haben, um Unruhe zu stiften."

Also ging 'Usmaan in die Moschee und sagte:

"Wenn ich Fehler gemacht habe, bitte ich Allah um Vergebung. Ich fordere alle einsichtigen Männer unter euch auf, mir den richtigen Rat zu geben. Bei Allah , wenn es sich um die Wahrheit handelt, bin ich sogar bereit, dem Rat eines Sklaven zu folgen. Ich verspreche, mich von euren Wünschen leiten zu lassen. Ich will nicht länger auf Marwan und seine Leute hören."

Am Ende seiner Ansprache liefen Tränen über seine Wangen, und auch die Zuhörer begannen zu weinen. Dann ging 'Allii zu den Ägyptern und versicherte ihnen, dass die Ursachen all ihrer Klagen beseitigt würden. Sie schienen zufriedengestellt zu sein und machten sich auf den Weg nach Ägypten. Auch die Aufrührer von Basra und Kufa reisten in ihre Städte ab, und der Sturm schien vorüber zu sein.

 

Der gefälschte Brief

In Medina glaubte jeder, dass die Unruhen zu Ende seien. Aber plötzlich hallten die Straßen der Stadt von den Rufen den Aufrührer wider. Sie scharten sich um das Haus von 'Usmaan und umringten es von allen Seiten. Laute Rufe "Rache! Rache!" erfüllten die Luft von Medina.
'Allii ging zu den Ägyptern und fragte, warum sie zurückgekommen seien.
"Du  hast  uns  versichert",  sagten  sie,  "dass  unseren Beschwerden nachgegeben würde, aber wir sahen einen Boten eilig hinter uns herkommen. Wir hielten ihn an und durchsuchten ihn. Dabei fanden wir einen Brief von 'Usmaan an die Gouverneure mit dem Befehl, uns alle zu töten, wenn wir zurück seien. Hier ist der Brief. Er trägt das Siegel des Amirul Mu'minin. Dies ist ein glatter Treuebruch, und dafür muss 'Usmaan büßen!"

"Und warum seid ihr zurückgekommen?" fragte 'Allii die Aufrührer von Kufa und Basra.

"Wir mussten unseren ägyptischen Brüdern helfen", sagten sie. "Aber eure Wege gingen doch in ganz andere Richtungen! Wie konntet ihr da Kenntnis von dem Brief haben, wenn ihr schon einige Meilen von eurem Weg zurückgelegt hattet?" Darauf erhielt 'Allii keine Antwort.
"Es ist klar", sagte er, "dass ihr ein Komplott geschmiedet habt. Ihr scheint entschlossen zu sein, es auszuführen." "Sag, was du willst", antworteten die Aufrührer, "wir wollen 'Usmaan nicht als Amirul Mu'minin. Allah hat uns ein Recht auf sein Blut gegeben. Auch du solltest unserer Sache dienen!"
"Bei Allah ", antwortete 'Allii, "ich will mit euch nichts zu tun haben."
"Warum hast du uns dann Briefe geschrieben?" fragten sie.

"Was für Briefe?" sagte 'Allii verwundert. "Bei Allah, ich habe euch niemals etwas geschrieben!"

'Allii merkte, dass er nichts mehr ausrichten konnte; die Aufrührer schienen entschlossen, ihn in die   Sache hineinzuziehen, und er sah, dass seine Lage schwierig wurde. Daher brach er nach Al-Dscharusa auf, einem Ort einige Meilen von Medina entfernt.
Die Aufrührer zeigten den Brief 'Usmaan und fragten:
"Stammt dieses unser Todesurteil von dir?"
"Ich schwöre bei Allah, dass ich nichts von diesem Brief weiß", entgegnete 'Usmaan.
"Nun, dann bist du nicht fähig, weiter Amirul Mu'minin zu sein", brüllten die Aufrührer. "Wenn du den Brief geschrieben hast, ist es klar, dass du nicht weiter Amiru Mu'minin sein kannst. Aber wenn ein anderer ohne dein Wissen diesen Brief geschrieben hat, kannst du es auch nicht bleiben. Denn wenn solch wichtige Befehle ohne dein Wissen abgesandt werden können, solltest du nicht weiter an der Spitze des Staates stehen. Wir verlangen, dass du die Regierung abgibst!"
'Usmaan wies diese Forderung zurück.
"Ich will nicht mit meinen eigenen Händen das Ehrenkleid ablegen, das Allah mir verliehen hat", sagte er.

 

Die Belagerung

Als die Aufrührer sahen, dass 'Usmaan (r) die Regierung nicht aufgeben wollte, belagerten sie sein Haus. Die Belagerung dauerte 40 Tage, und die Situation wurde von Tag zu Tag kritischer. Die Belagerer verboten sogar, den betagten Amirul Mu'minin mit Wasser zu versorgen.

Außer dem 'Usmaan und seiner Familie waren noch andere Männer im Haus, unter ihnen Hasan,  Husain, Muhammad ibn Talha, 'Abdullah Ihn As-Subair, Abu Huraira, Marwan und andere. Diese Männer dienten 'Usmaan als Schutz, und es kam zu einigen Zusammenstößen zwischen ihnen und den Belagerern. Dabei wurden Hasan und  Marwan  verwundet,  Marwan  sogar schwer.  Die Aufrührer vermieden jedoch eine offene Schlacht. Sie wussten, dass die Leute der Banu Haschim wegen Hasan und Husain in den Kampf gegen sie eingreifen würden.
Während der Belagerung wurde 'Abdullah ibn 'Abbas von 'Usmaan nach Mekka gesandt. Er sollte den Hadsch als Stellvertreter von 'Usmaan leiten. 'Usmaan schickte auch Boten zu den Provinzgouverneuren, die ihnen von der Belagerung berichten sollten.

Als die Not durch die Belagerung wuchs, bat Mudschira ibn Su'ba den Kalifen, endlich etwas zu unternehmen. Er machte ihm drei Vorschläge.

"Komm aus dem Haus heraus", sagte er, "und kämpfe gegen die Aufrührer. Du hast Männer bei dir, und das Volk von Medina wird auch an deiner Seite kämpfen. Dazu bist du im Recht, und die Wahrheit muss gewinnen. Oder verlasse das Haus durch die Hintertür und versuche, Mekka zu erreichen. In der heiligen Stadt können die Aufrührer nicht Hand an dich legen. Oder gehe nach Syrien. Dort wirst du unter dem Schutz Mu'awis sicher sein."
'Usmaan antwortete darauf:

"Dem ersten Vorschlag stimme ich nicht zu, weil ich nicht als erster Amirul Mu'minin das Blut von Muslimen vergießen will. Auch den zweiten Vorschlag nehme ich nicht an; denn ich will nicht, dass die heilige Stadt Mekka in Gefahr gerät. Der dritte Vorschlag ist ebenfalls unannehmbar; denn auf keinen Fall will ich die Nähe des Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm,  aufgeben."
Die Lage wurde von Tag zu Tag schlimmer, aber 'Usmaan fühlte sich verpflichtet, Böses mit Liebe zu bekämpfen, selbst wenn es sein Leben kosten sollte.

 

'Usmaan wird ermordet

'Usmaan benutzte nur eine einzige Waffe, das waren seine gütigen und sanften Worte. Er stieg mehrmals auf das Dach seines Hauses und sprach zu den Aufrührern. Er sagte ihnen, wie nahe er dem Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, gestanden und welche Dienste er dem Islam erwiesen habe. Aber seine Worte fielen in taube Ohren. Nichts konnte die Belagerer von ihrem üblen Tun zurückhalten.
Als der Tag des Hadsch näher kam, wuchs die Unruhe der Aufrührer. In wenigen Tagen würden Hunderte von Männern vom Hadsch zurückkehren, und auch aus den Provinzen könnte Hilfe für 'Usmaan eintreffen. Sie mussten ihr Komplott sogleich ausführen, wenn es nicht zu spät sein sollte. Daher musste schnell gehandelt werden.

'Usmaans Haus war sehr groß. Hasan,  Husain, Muhammad ibn Talha und 'Abdullah ibn As-Subair hielten Wache am Haupttor, und die Aufrührer wollten sich mit diesen Männern nicht in einen Kampf einlassen; denn das hätte deren Blutsverwandte zur Rache bewogen. Um dies zu vermeiden,  schlichen sich mehrere Rebellen über die rückwärtige Mauer und drangen so zum betagten Amirul Mu'minin vor; die Wachen am Haupttor merkten nicht, was im Haus vorging.

'Usmaan saß da, hatte das Heilige Buch aufgeschlagen vor sich und rezitierte den Qur'an. Muhammad ibn Abu Bakr führte die Gruppe der Mörder an. Er ergriff den Bart 'Usmaans und zog daran.

"Mein lieber Muchammad", sagte 'Usmaan, wobei er ihm in die Augen blickte, "wenn dein Vater noch am Leben wäre, würde er dein Verhalten nicht billigen!"

Bestürzt wich der junge Mann zurück.
Da schlug ein anderer Mann 'Usmaan mit einer Axt auf
den Kopf, ein dritter versetzte ihm einen Streich mit dem Schwert. Na'ila, die treue Gattin 'Usmaans, wollte ihren Mann schützen; dabei wurden ihr die Finger abgeschlagen. Dann fielen alle Verschwörer über den betagten Amirul Mu'minin her und verwundeten ihn sehr. Einer von ihnen, ' Amr ibn Hamq, schlug ihm schließlich den Kopf ab.
Die Nachricht von 'Usmaans grausamer Ermordung war ein harter Schock für jedermann. 'Allii war wie betäubt, als er es hörte, und eilte sofort nach Medina.
"Wo wart ihr", tadelte er seine beiden Söhne Al-Hasan und Al-Husain, "als der Amirul Mu'minin ermordet wurde?"
Genauso zornig war er auf 'Abdullah ibn As-Subair und die anderen, die am Tor Wache gestanden hatten.
'Usmaan (r) wurde am Freitag, dem 17. Sul-Hidscha des Jahres 35 n.H., ermordet.

Nach der Ermordung 'Usmaans plünderte die Bande sein Haus. Dann eilten sie zum Baitu1-Mal und raubten ihn aus. Von Grauen gepackte Menschen sahen hinter verschlossenen Türen die Blutorgie. Niemand wagte es, ihnen Einhalt zu gebieten; Medina schien den Aufrührern ausgeliefert zu sein. Drei Tage lang lag 'Usmaans Leichnam unbeerdigt; denn die Rebellen erlaubten nicht, ihn zu bestatten. Schließlich wandten sich einige Leute deswegen an Allii. Auf sein Verlangen wurde die Beerdigung endlich erlaubt.
Am späten Abend trugen 17 Männer den Leichnam zum Friedhof von Medina und begruben ihn dort.
Das war das Ende 'Usmaans, des Apostels von Liebe und Frieden. Er wollte Blutvergießen unter allen Umständen vermeiden und tat sein Äußerstes, um Betrügerei und Gewalt mit Liebe und Güte zu begegnen.
Der Versuch schlug nicht ganz fehl; denn 'Usmaan erreichte mit der Aufopferung seines eigenen Lebens sein Ziel, ein Bürgerkrieg im gesamten islamischen Reich blieb aus vorläufig.

 

Die zwölf Jahre von 'Usmaans Regierung

'Usmaan war etwa zwölf Jahre Amirul Mu'minin. Verglichen mit dem Regierung 'Umars erscheint dieser Zeitabschnitt trostlos, und am Ende dieser Periode gewannen die Kräfte der Gesetzlosigkeit die Oberhand. Aber auf 'Usmaan fällt kein Teil der Schuld.
'Umars Regierung war eine Zeit der Eroberungen, die eine Flut von Reichtum zur Folge hatten. 'Umar selbst brach einmal in Tränen aus, als er die Schätze in der Moschee des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, aufgehäuft sah.
Nach dem Grund seines Weinens befragt, sagte er, dass Reichtum immer Neid und Bosheit erzeuge und dass diese der wahre Ursprung der Uneinigkeit seien. 'Umar hatte vollkommen recht; seine Befürchtungen erfüllten sich in den Jahren nach seinem Tode. 

Auch der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, hatte eine Periode großer Unruhe vorausgesagt. Diese Zeit ging mit dem Wohlstand des Volkes einher. Eines Nachts wachte er beunruhigt auf; er war bewegt und sagte:
"Alle Ehre gebührt Allah! Welch großen Reichtum hat Er meinem Volk beschert! Und welcher Unfriede ist durch diesen Reichtum im Volk entstanden!"

Schon von Beginn der Unruhen an war sich 'Usmaan (r) sicher, dass nun die vom Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, vorausgesagte böse Zeit gekommen war.
Nach seiner Meinung war das Unheil unvermeidbar und musste so kommen. Er konnte es verzögern, aber nicht aufhalten, und er glaubte, dass Härte und Strenge es früher bringen würden. So versuchte er, den Beginn der Unruhe durch Güte und Vergebung hinauszuschieben. Das waren die Waffen, auf die er sich verließ. Wenn sie nicht wirkten, war es nicht 'Usmaans Fehler; es war die Schuld der Männer, die Recht und Unrecht nicht unterscheiden konnten.
Auch eine andere Voraussage des Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, hielt sich 'Usmaan ständig vor Augen. Sie lautete:

"Wenn meine Nachfolger sich erst einmal untereinander mit dem Schwert bekämpfen, wird das so bis zum Jüngsten Tag bleiben."

Die beiden Amirul Mu'minin vor 'Usmaan kämpften mit dem Schwert gegen die Feinde des Islam, führten aber niemals eine Armee gegen Muslime. Aber jetzt erhoben Muslime die Waffen gegen 'Usmaan. Sollte er sein Schwert gegen sie ziehen? Er hätte es leicht tun können. Die Zahl der Aufrührer war nie größer als 3000 Mann, und Medina hatte schon viel größere Heere zurückgeschlagen. Wenn 'Usmaan sein Schwert ergriffen hätte, wären Hunderte von Schwertern für ihn bereit gewesen; außerdem hätte er Truppen aus Syrien rechtzeitig zur Verfügung haben können, so dass er jede Menge von Aufrührern hätte vernichten können. Aber nichts konnte ihn dazu bewegen, von der Waffe Gebrauch zu machen; denn dadurch wäre er zum ersten Amirul Mu'minun des Islam geworden, der das Blut von Muslimen vergossen hätte. Denn wenn die Waffen einmal ergriffen sind, werden sie nicht mehr weggelegt, und 'Usmaan war der letzte, der einen Fluch über die Muslime bringen wollte, der immer auf ihnen lasten würde, Es war weitaus leichter für ihn, sein Leben hinzugeben. Daher entschloss er sich, diesen Weg zu wählen; er gab sein Leben, damit sein Volk vom Fluch des Schwertes verschont bliebe.

'Usmaan ist der bescheidenste meiner Sahaba", sagte einst der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm. Seine Bescheidenheit verließ 'Usmaan auch nicht, als er Herrscher eines großen Reiches geworden war. Er war großzügig und weichherzig und war jederzeit geneigt, die Fehler anderer zu übersehen. Wirklich hohe Tugenden! Ob er als Oberhaupt eines großen Reiches noch weitere Qualifikationen hätte benötigen müssen, weiß Allah am besten. Er war nicht hart, fest und schnell genug; sein weiches Herz erlaubte ihm keinen harten und festen Kurs. Er wusste sehr wohl, wohin der Weg der Liebe führen würde, aber er war bereit, diesen Preis mit seinem Leben zu bezahlen.

Da 'Usmaan gütig zu allen Menschen war, war er es besonders zu seinen Verwandten. Einige von ihnen zogen ungebührend Vorteil daraus, indem sie sich bemühten, alle Macht in ihre Hände zu bekommen. Viele Schlüsselstellungen im Reich wurden von ihnen oder von ihren Freunden besetzt. Marwan gewann solche Macht über den alten 'Usmaan, dass er zuweilen in seinem Namen handelte, ohne ihm mitzuteilen, was er tat, und 'Usmaan musste Kritik hinnehmen für die Handlungen Marwans.

'Usmaans Iman und Mut haben wenig Parallelen in der Geschichte. In der Nähe des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, zu sein bedeutete ihm mehr als alles andere, sogar mehr als sein Leben. Nichts konnte ihn von Medina vertreiben, wo der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, zur ewigen Ruhe gebettet war. Der Tod starrte ihm ins Gesicht, aber er hieß ihn willkommen, weil er durch ihn ein Grab in Medina bekam. Dieser Tod in Medina war ihm wertvoller als sein Leben anderswo. Das erklärt die kühle Entschlossenheit, mit der er dem Tod begegnete.
Trotz innerer Unruhen weitete sich das Reich unter 'Usmaans Regierung weiter aus. Nordafrika kam hinzu, Aufstände in verschiedenen Teilen wurden rasch niedergeschlagen. Byzanz konnte keinen Vorteil aus den inneren Wirren des islamischen Reiches ziehen.

Im Grunde war 'Usmaans Ermordung die Folge politischer Meinungsverschiedenheiten: Eine Gruppe von Männern wollte ihm das Recht auf  die Regierung nehmen; denn sie wünschten sich einen anderen Amirul Mu'minin, aber die Art und Weise ihres Vorgehens war falsch. Bis dahin wurden die Amirul Mu'minins durch die Stimme des Volkes gewählt.

Die Sahaba waren die Vertreter der öffentlichen Meinung, und durch die Mehrheit ihrer Stimmen wurde entschieden, wer Amirul Mu'minin werden sollte. Die Aufrührer von Kufa, Basra und Ägypten kümmerten sich nicht um diese Tradition, sondern setzten die Gewalt an ihre Stelle.
Diese Methode hatte eine weitere unglückliche Folge: In religiösen Gruppen setzten sich politische Parteien fest, und diese Gruppen spalteten sich weiter. Die Einigkeit der Muslime erhielt dadurch einen schweren Schlag, es bildeten sich Sekten, und was der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, vorausgesagt hatte, trat ein: Das Schwert trennte seine Nachfolger, und dabei blieb es.

'Usmaan leistete dem Islam einen großen Dienst, indem er gleichlautende Abschriften des Qur'an  in  die Provinzhauptstädte schickte. Dies war notwendig geworden, weil man sich über die Art, wie das Heilige Buch zu rezitieren sei, nicht einig war; im Iraq wurde es anders gelesen als in

Syrien. 'Usmaan erfuhr davon im Jahre 30 n.H.
"Wir übernehmen die Weise von Abu Musa Al-As'aii",  sagten die Iraqer.
"Und wir folgen der Art von Al-Miqdad ibn Al-Aswad", erklärten die Syrer.
'Usmaan brachte die Frage vor die Sahaba, und alle stimmten darin überein, dass die zu Abu Bakrs Zeit hergestellte Abschrift die richtige sei. Nach Abu Bakr gelangte sie in die Hände 'Umars, und nun war sie im Besitz von dessen Tochter Hafsa. 'Usmaan erhielt diese Kopie. Said ibn Tabit, einer der vertrauenswürdigen Schreiber der Offenbarung, wurde gebeten, davon sieben Abschriften anzufertigen. Ihm halfen drei Männer, die den Qur'an auswendig wussten. Auch Said konnte den gesamten Qur'an auswendig rezitieren. Zuerst schrieb er das ganze Buch aus dem Gedächtnis nieder. Dann las er es dreimal einer Versammlung von Al-Muhadschirun und Al-Ansar vor.
Schließlich verglich er diese Niederschrift mit derjenigen aus dem Besitz von Hafsa. Beide stimmten völlig überein. Nun wurden   sieben   Abschriften   angefertigt   und   in   die verschiedenen Teile des Reiches geschickt.
An dieser Stelle soll noch etwas über die Beziehungen zwischen 'Usmaan und 'Allii gesagt werden. 'Allii stimmte zwar mit dem betagten 'Usmaan in vielen Punkten nicht überein - besonders missbilligte er, dass andere Männer in 'Usmaans Namen handelten -, aber er tat nichts, was 'Usmaan geschadet hätte. Er riet ihm, sich von Marwan und anderen Umayjaden loszusagen, aber er redete auch mit den Aufrührern, um sie von ihren Plänen abzubringen, und lehnte es entschieden ab, ihr übles Vorhaben zu unterstützen.
Als 'Allii erfuhr, dass die Rebellen 'Usmaan jegliche Wasserzufuhr sperrten, ging er zu ihnen und sagte:
"Männer, ihr tut da etwas ganz Übles. So etwas tut kein Muslim, nicht einmal ein Kafir. Warum verweigert ihr 'Usmaan Essen und Trinken? Selbst die Perser und die Byzantiner geben ihren Gefangenen Nahrung und Wasser. Was hat 'Usmaan euch denn getan? Warum belagert ihr ihn? Warum trachtet ihr ihm nach seinem Leben?"
Diese Worte hatten jedoch keine Wirkung auf die Aufrührer. Als 'Allii dies merkte, warf er seinen Turban in 'Usmaans Haus; der Amirul Mu'minin sollte wissen, dass er gekommen war, um auf die Belagerer einzureden, aber keinen Erfolg dabei gehabt hatte.

'Usmaan wusste, dass 'Allii aufrichtig war. Er ließ nie ein Wort der Klage gegen ihn fallen. Nur meinte er, dass 'Allii ihn mehr hätte unterstützen sollen. Aber 'Allii hatte Gründe für seine Zurückhaltung. Er glaubte, dass alle Verwirrung 'Usmaans Ratgebern zu verdanken sei, und wollte, dass sie gingen. Die Rebellen forderten das Gleiche. Als 'Usmaan 'Allii versicherte, dass er diese Männer absetzen wolle - dies sagte er öffentlich in der Moschee -, wurden alle Missverständnisse zwischen den beiden Schwiegersöhnen des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, beseitigt; sie waren wieder so engverbunden wie früher.
Das verstärkte den Hass der Aufrührer. Sie waren es gewohnt, 'Allii's Namen zu benutzen, um das Feuer der Unzufriedenheit zu schüren. Wie konnte er nur auf der Seite 'Usmaans stehen? So kam es, dass sie den verhängnisvollen Brief erfanden. Dieser Brief brachte 'Usmaan und 'Allii in eine peinliche Lage und gab den Rebellen einen guten Vorwand, ihre üblen Pläne auszuführen. Sie weigerten sich einfach, 'Allii anzuhören. Dieser fühlte sich hilflos und konnte nichts tun. Deshalb verließ er die Stadt, ordnete jedoch an, dass seine Söhne am Tor des Hauses von 'Usmaan Wache halten sollten.
Das Bemerkenswerteste an 'Usmaan war sein Iman. Er hatte den Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagen hören, dass der Bürgerkrieg niemals enden würde, wenn er einmal ausgebrochen sei. 'Usmaan wollte nicht derjenige sein, der ihn auslöste, und niemand sollte seinetwegen das Schwert ziehen. Am letzten Tag seines Lebens gab es einen Kampf zwischen den Belagerern und den Wächtern am Tor. Die Rebellen wollten mit Gewalt in das Haus eindringen; die Sohne 'Allii's und die Söhne As-Subairs und Talhas lieferten ihnen einen harten Kampf, und 'Usmaan hörte dies.
"Nein, meine Lieben", rief er aus, "ich will nicht, dass Blut von Muslimen vergossen wird, um meinen Kopf zu retten." Indem er dies sagte, schickte er sie alle heim.
Wenn ein Bürgerkrieg auf Kosten seines Lebens vermieden werden konnte, war 'Usmaan glücklich, diesen Preis zu zahlen. Er glaubte, dass durch seine Selbstopferung das vom Propheten Muchammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, vorausgesagte Unheil verzögert werden konnte. Deshalb wollte er weder mit dem Schwert zurückschlagen noch aus der Stadt des Propheten fliehen. Er starb bereitwillig, damit der Islam leben möge. Für eine große Sache und eine tiefe Überzeugung brachte er das größte Opfer, das ein Mann bringen kann. So wurde er in den Rang eines der größten Märtyrer aller Zeiten erhoben.